Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat seine Kandidatur für das Amt des Bundeskanzlers angedeutet. Gabriel sagte der Rheinischen Post auf die Frage, ob Kanzlerkandidatur und Parteivorsitz in einer Hand liegen sollten: "Dafür spricht manches."

Vor einer Woche hatte die stellvertretende SPD-Vorsitzende und NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft erklärt, sie wisse, wer SPD-Kanzlerkandidat werden solle, sage es aber nicht. Auf den angeblichen Beschluss angesprochen, erwiderte Gabriel: "Solche Entscheidungen werden nicht ohne Wissen und vor allem nicht ohne die Zustimmung der Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft, getroffen." Sie habe entscheidenden Einfluss darauf, wer Spitzenkandidat werde, betonte er. Kraft hatte in der Vergangenheit wiederholt Gabriel als den am besten geeigneten Kandidaten genannt.

Offiziell will die SPD die Entscheidung im Januar treffen. Die Partei habe einen klaren Fahrplan, wie die Entscheidung herbeigeführt werde. "Es ist ja eine ernsthafte Frage, wer die größte Volkswirtschaft Europas als Kanzler der SPD anführen soll", sagte der Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler. Die Öffentlichkeit halte in der SPD mehrere Personen für geeignet.

Gabriel lieferte auch eine Erklärung dafür, warum die SPD erst im Januar ihren Kanzlerkandidaten benennt: "Jetzt im Dezember interessiert die Menschen doch mehr, was sie ihren Kindern zu Weihnachten schenken oder wo sie Silvester feiern."

In den vergangenen Wochen war auch über eine Kanzlerkandidatur des in die Bundespolitik wechselnden EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz sowie des Hamburger Bürgermeisters Olaf Scholz spekuliert worden. Die Partei stehe somit besser da als die Union, wo hinter Angela Merkel niemand infrage komme, sagte Gabriel. Merkel hatte vergangene Woche erklärt, bei der Bundestagswahl im September 2017 noch einmal anzutreten.

Die größte Herausforderung bestehe für den SPD-Vorsitzenden darin, Deutschland wieder zusammenzuführen. Die SPD und Sigmar Gabriel hatten in der Vergangenheit mehrfach gesagt, dass man Merkel bei der Bundestagswahl für schlagbar halte. "Unser Land fällt immer mehr auseinander", sagte Gabriel. "In Wohlhabende und Arme, in gut Situierte und Zurückgelassene, in Zufriedene und Wütende." Zu diesen Themen würde die Union nichts sagen.

Auf die Frage nach einem möglichen Koalitionspartner nach der Wahl sagte Gabriel: "Die SPD wird keine Koalitionsaussage treffen." Klar sei aber, dass seine Partei eine große Koalition vermeiden wolle. 

Einer Umfrage zufolge ist allerdings jeder dritte Deutsche für eine Fortsetzung der großen Koalition nach der Bundestagswahl. 35 Prozent plädieren für die Fortführung des Bündnisses aus Union und SPD, so das Ergebnis einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts Emnid für das Nachrichtenmagazin Focus. 28 Prozent wünschen sich demnach eine rot-rot-grüne Koalition, 22 Prozent sind für Schwarz-Grün.